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Zwanziger setzt auf Klarheit durch die Beweisaufnahme

Großes Medieninteresse beim "Sommermärchen"-Prozessauftakt

Zwanziger setzt auf Klarheit durch die Beweisaufnahme

Prozessauftakt in Frankfurt: Theo Zwanziger gibt ein Statement ab.

Prozessauftakt in Frankfurt: Theo Zwanziger gibt ein Statement ab. picture alliance/dpa

Der Andrang war groß, als Ex-DFB-Präsident Zwanziger und ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Statements abgaben. Die Affäre rund um die Zahlung von 6,7 Millionen Euro im Vorfeld der Fußball-WM 2006 ist auch über 18 Jahre später nicht aufgeklärt.

Im Zusammenhang mit der Überweisung für eine WM-Gala, die im darauffolgenden Jahr abgesagt wurde, musste der DFB bereits über 22 Millionen Steuern nachzahlen. Der Verband hofft auf einen Freispruch der ehemaligen Spitzenfunktionäre oder die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage, womit kein Schuldeingeständnis verbunden ist, um auf Rückzahlung klagen zu können.

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Antrag auf Einstellung des Verfahrens

Die Verteidiger von Ex-Präsident Niersbach und Ex-Generalsekretär Schmidt beantragten zudem die erneute Einstellung des Verfahrens. "Es steht das Verbot der Doppelbestrafung und Doppelverfolgung aus Art. 54 SDÜ entgegen. Das Verfahren vor dem Schweizer Bundesstrafgericht betraf dieselbe Tat, die auch Gegenstand dieses Verfahrens ist", argumentierte Professor Tilman Reichling, einer der Rechtsvertreter von Schmidt. Im Mai 2021 hatte das jetzt in Frankfurt angeklagte Trio in Bellinzona einen Freispruch erster Klasse erhalten.

Während die Anwälte am ersten Verhandlungstag auf das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) verwiesen, spricht die Staatsanwaltschaft von verschiedenen Taten, die angeklagt seien. In der Schweiz ging es um Betrug, vor dem Landgericht lautet der Vorwurf Steuerhinterziehung.

Es droht ein Justizmarathon

Allerdings hatte auch die Kammer in Frankfurt wegen eines solchen Verfahrenshindernisses im Oktober 2022 bereits das Verfahren eingestellt, im April 2023 hob das Oberlandesgericht diesen Beschluss auf Betreiben der Staatsanwaltschaft auf, weshalb nun am Montag die Hauptverhandlung begonnen hat. Zunächst sind bis Ende Oktober 24 Verhandlungstage terminiert. Es droht ein Justizmarathon.

Die Anwälte von Niersbach und Schmidt signalisierten zum Auftakt, dass sie an einer Einstellung gegen eine Geldauflage weiter interessiert sind, unter anderem wegen der großen Belastung für die Mandanten, die 73 beziehungsweise 82 Jahre alt sind.

Der 78-jährige Zwanziger will sich diesem Vorschlag nicht anschließen. "Erstens war die Zahlung eine Betriebsausgabe, das haben die Verteidiger sehr deutlich klar gemacht. Und zweitens gab es im Jahr 2006 überhaupt keine Steuerverkürzung und wenn es keine Steuerverkürzung gibt, gibt es auch keine Steuerhinterziehung. Ich habe den Eindruck, dass die Vertreter der Anklage sehr wohl wissen, dass sie auf sehr dünnem Eis sind und dass es einen Freispruch geben kann und geben wird für alle drei Angeklagte", betonte Zwanziger. Deshalb sei es ihm und seinem Anwalt Hans-Jörg Metz "viel sympathischer, wenn es zu der vom Gericht angekündigten Beweisaufnahme kommt".

Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger (l) verlässt im Anschluss an die erste Verhandlung zur Sommermärchen-Affäre zusammen mit seinem Anwalt Hans-Jörg Metz das Landgericht. In dem Prozess müssen sich drei ehemalige Top-Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall verantworten.

Zwanziger im WM-Prozess zuversichtlich: "Es kann und wird einen Freispruch geben"

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Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt, für den zweiten Verhandlungstag sind Einlassungen von Schmidt und Zwanziger angekündigt. Gesprächen über die Einstellung gegen eine Geldauflage zeigt sich die Vorsitzende Richterin der zweiten Wirtschaftsstrafkammer, Eva-Marie Distler, nicht generell abgeneigt, dies sei nicht ohne "die Anhörung von Zeugen und der Beweisaufnahme" möglich.

Die Ermittlungen zu den Geldflüssen vor der WM 2006 laufen in Frankfurt seit 2015. Die vom DFB an ein FIFA-Konto gezahlten 6,7 Millionen Euro dienten mutmaßlich für die Rückführung eines Darlehens, das der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus Franz Beckenbauer gegeben hatte. Dieses Geld floss an den früheren FIFA-Funktionär Mohamed bin Hammam in Katar.

Michael Ebert

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Die WM-Affäre

zum Thema
  • Der "Spiegel" hat mit seiner Enthüllung über eine vermeintliche "Schwarze Kasse" des DFB im Rahmen der Bewerbung für die WM 2006 eine Lawine ins Rollen gebracht.
  • Die Staatsanwaltschaft Frankfurt wirft den früheren Spitzenfunktionären Zwanziger, Niersbach und Schmidt schwere Steuerhinterziehung vor.
  • Das Oberlandesgericht Frankfurt ließ Ende August 2019 eine entsprechende Anklage zu und revidierte damit eine Entscheidung des Landesgerichts Frankfurt, das im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt hatte. Die Schweizer Bundesanwaltschaft hatte im August 2019 bereits Anklage erhoben.