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Lootboxen in FC 24 & Co: Warum die Klage-Welle ausbleibt

Risiko und zu hohe Kosten

Streitpunkt Lootboxen: Warum die Klage-Welle noch ausbleibt

Hierzulande sind FUT-Packs nicht verboten.

Hierzulande sind FUT-Packs nicht verboten. kicker eSport/EA SPORTS

Vor weniger als einem Jahr wurden in Hermargor und Wien Lootboxen gerichtlich für Glücksspiel erklärt. Sony sowie Electronic Arts (EA) wurden zu einer Rückzahlung an Spieler verurteilt, die in Österreich Packs in Ultimate Team (FUT) gekauft haben.

Ein Wake-Up-Call für Spiele-Anbieter in Deutschland? Zwar wurde EA SPORTS FC 24 erstmals in der Geschichte des Spiels ab 12 Jahren freigegeben, doch ein Urteil zu Lootboxen gibt es hierzulande nach wie vor nicht. Der Rechtsanwalt Dr. Oliver Daum erklärt im Gespräch mit kicker eSport, was bei der Beurteilung Schwierigkeiten bereite und Gründe sein könnte, dass es noch kein Verfahren gibt.

Ingame-Währung als Schlupfloch

Ob Lootboxen rechtlich als Glücksspiel einzuordnen sind, "hängt zusammengefasst von drei Kriterien ab: Zufall, Entgeltlichkeit und Gewinnchance", eröffnet Dr. Daum.

Zumindest beim Zufall bestehe "in der juristischen Diskussion Einigkeit, dass dieser bei Lootboxen gegeben ist". Bei der Gewinnchance ist dies dagegen schwieriger zu beurteilen - zumindest im Fall von EA SPORTS FC 24. Anders als bei Counter-Strike beispielsweise können Items nicht auf einem Zweitmarkt gegen Echtgeld verkauft werden. Im Ultimate Team von FC 24 ist dies nur auf dem spielimmanenten Transfermarkt möglich - allerdings gegen eine Ingame-Währung.

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Diese spielt tatsächlich beim Kriterium der Entgeltlichkeit eine zentrale Rolle und wird daher bewusst eingesetzt. Denn in FUT lassen sich Packs bekanntermaßen nicht direkt durch echtes Geld kaufen. Stattdessen muss "eine Spielwährung erworben werden, die zwischen dem Echtgeld und dem Kauf der Lootboxen 'zwischengeschaltet' wird. Da unter Juristen umstritten ist, ob der Spielwährung ein wirtschaftlicher Wert beizumessen ist, wird damit unklar, ob zwischen Entgelt und Gewinnchance die erforderliche Unmittelbarkeit gegeben ist." So sei zumindest die derzeitige Rechtslage.

Totalverlust: Zwischen Theorie und Praxis

Bei einem Expertengespräch wurde jüngst an die Entgeltlichkeit anknüpfend ein ergänzendes Kriterium ins Feld geführt: der Totalverlust. "Nur wenn ein Spieler seinen kompletten Einsatz verlieren könnte, sei das Kriterium der Entgeltlichkeit in diesem Falle erfüllt", sagt der Rechtsanwalt. Wie zu erahnen ist, gibt es aber auch diesbezüglich keine klare Marschroute.

Der Totalverlust sei individuell zu beurteilen. "Wenn man ein sehr gutes Team hat, ist es sehr häufig ein Totalverlust, da nur noch wenige Karten infrage kämen, die die Mannschaft verbessern", erklärt Dr. Daum. Gegenteilig verhält es sich natürlich bei schwächeren Teams. Ob Gerichte in Deutschland dem Aspekt des Totalverlusts überhaupt eine Bedeutung beimessen würden, kann derzeit nicht eingeschätzt werden.

Gegebene "Gefahr, sich daran zu verbrennen"

Viele Fragezeichen, die tatsächlich nur durch ein Gerichtsurteil beseitigt werden können. Die Argumentationen der Gerichte in Österreich ließen sich durchaus "auch auf das deutsche Recht übertragen". Daher stellt sich die Frage, warum es noch kein Verfahren in Deutschland gibt.

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Das könnte mehrere Gründe haben, wie Dr. Daum vermutet. Zum einen geben die Urteile in Österreich keine Garantie auf denselben Ausgang hierzulande. Die Gefahr, "sich daran zu verbrennen", ist also gegeben. Doch der Hauptgrund liege bei den Kosten, wie der Anwalt bereits selbst erfahren hat: "Manchmal bekomme ich Anfragen zu anderen Themen im Gaming. Stelle ich daraufhin lediglich die Minimalkosten auf, bekomme ich keine Antwort mehr. Ich vermute, dass die Kosten viele verschrecken."

Wären Lootboxen verboten, falls sie als Glücksspiel eingestuft würden?

Zu guter Letzt bleibt die Frage, welche Folge überhaupt ein Urteil hätte, in dem Lootboxen als Glücksspiel eingestuft würden. Müssten diese dann wie in den Niederlanden oder Belgien verboten werden?

Dr. Daum erklärt dazu: "Wenn Lootboxen alle Kriterien eines Glücksspiels erfüllen, müssten die Publisher hierfür eine Glücksspiellizenz beantragen. Wenn es sich bei Lootboxen nach dem Glücksspielstaatsvertrag um ein 'Glücksspiel im Internet' handelt, dann könnte für Lootboxen gar keine Lizenz beantragt werden, weil eine behördliche Genehmigung für Lootboxen nach dem Glücksspielstaatsvertrag nicht vorgesehen ist. Lootboxen wären also illegal und könnten in der bekannten Form nicht angeboten werden - unabhängig davon, ob es sich bei den Spielern um Kinder, Jugendliche oder Erwachsene handelt."

So oder so: Ob es sich bei FUT-Packs & Co. um Glücksspiel oder Glücksspiel im Internet handelt, kann derzeit nur diskutiert werden. Erst ein Urteil könnte Licht ins Dunkel bringen und gar eine Klage-Welle starten. Es ist jedoch keinesfalls auszuschließen, dass ein Gericht zu dem Schluss käme, Lootboxen seien kein Glücksspiel. Das Risiko eben, "sich daran zu verbrennen".

Sven Grunwald

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