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Gemeinnützigkeit im eSport: "Nicht mal der erste Schritt wurde gemacht"

"Wenig problemlösend orientiertes Denken"

Gemeinnützigkeit im eSport: "Nicht mal der erste Schritt wurde gemacht"

Keine Fortschritte bei der Gemeinnützigkeit im eSport.

Keine Fortschritte bei der Gemeinnützigkeit im eSport. picture alliance/dpa-tmn

Seit sechs Jahren schon steht es auf der Agenda der Politik. Doch bis heute wurde nicht darüber abgestimmt, ob der eSport als gemeinnützig anerkannt werden soll. Zwar sorgte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) für neuen Schwung in der Thematik. Allerdings nicht in die von vielen Branchenvertretern und Gamern gewünschte Richtung.

Denn das BMFSFJ sieht einige eSport-Titel kritisch; hauptsächlich wegen Lootboxen und der realistischen Darstellung des Tötens. Für Rechtsanwalt Dr. Oliver Daum wird in diesem Statement "Gaming und eSport wieder über einen Kamm geschert, denn im eSport gibt es - streng genommen - keine Lootboxen". Nichtsdestotrotz offenbaren die Einwände sowohl den Kernaspekt in der Frage nach der Gemeinnützigkeit als auch den Status des Prozesses.

Einmal bildlich dargestellt: Die Politik befindet sich noch an der Startlinie, "nicht mal der erste Schritt wurde gemacht". Denn zuallererst sollte klar definiert sein, "was eSport überhaupt ist - vor allem in Abgrenzung zum Gaming. Dass das noch nicht gemacht wurde, könnte ein Grund sein, warum es bis heute noch keine Abstimmung zur Gemeinnützigkeit gab".

Zwar sei diese Abgrenzung nicht einfach zu etablieren, dennoch "muss die Politik Probleme lösen. Vom Gesetzgeber kommt zu wenig, obwohl sie mehr machen können", kritisiert der Rechtsanwalt. Dabei gibt es schon Versuche, eSport zu definieren - auch von Dr. Daum selbst. Er schreibt: "eSport ist der Wettkampf zwischen Menschen mittels Computerprogrammen nach vereinbarten Regeln."

Warum eine Definition wichtig ist

Doch warum ist eine Definition überhaupt wichtig? Dabei geht es zurück zu den Anfängen. Zur Frage, was Gemeinnützigkeit bedeutet. "In erster Linie bedeutet das Steuervergünstigung. Das bedeutet dann entweder eine Komplettbefreiung von der Körperschafts- und Gewerbesteuer oder der Gewährung von Freibeträgen. Man darf aber auch Spendern eine Spendenquittung ausstellen. Die können das dann wiederum von der Steuer absetzen", erklärt Dr. Daum.

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Was zunächst ausschließlich vorteilhaft klingt, stellt sich aber bei genauerem Blick mehrschichtig dar. Es gäbe, sofern ein Verein dann gemeinnützig sein möchte, auch Nachteile: "So dürfen die Vereinsgelder und -mittel ausschließlich für den in der Satzung festgelegten Zweck verwendet werden." Hier kämen zum Beispiel die Lootboxen ins Spiel. Würde also ein Verein ein Turnier in EA SPORTS FC 24 veranstalten, bei dem die Teilnehmer mit ihren eigenen Mannschaften in Football Ultimate Team antreten, dürften dafür keine Vereinsgelder genutzt werden.

Warum? Werden Packs gekauft und daraus gezogene Items verwendet, herrscht keine Chancengleichheit mehr. Ein solches Turnier wäre dann unter Gaming einzuordnen anstatt unter eSport. Wo wir bei der Erklärung wären, warum Definition und Abgrenzung wichtig werden. Denn das Finanzamt muss letztlich nachvollziehen können, ob die Gelder satzungsgemäß eingesetzt wurden.

"Wenig problemlösend orientiertes Denken"

Obwohl sich schon die letzte Koalition dem Thema annehmen wollte, scheint der Karren nach wie vor festgefahren. "Es gibt zu wenig problemlösend orientiertes Denken, stattdessen werden immer wieder die Vor- und Nachteile von eSport diskutiert", resümiert Dr. Daum.

Ein erster Schritt wäre mit einer Abgrenzung zwischen eSport und Gaming gemacht. Das muss übrigens nicht zwingend der Gesetzgeber umsetzen, auch ein Gericht kann eine Definition anerkennen -  sollte dieses in einem Verfahren eine solche für notwendig erachten. Vielleicht kommt so ja irgendwann eines zum anderen.

Sven Grunwald

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